angefangen hat alles an einem schönen spätherbstsonntag, den 9.november 2025, als meine mutter (92) und mein vater (95) ihren wöchentlichen spaziergang, begleitet von meiner schwester, in den nahegelegen wald machen wollten.
beim überqueren der strasse auf dem fussgängerstreifen wurde meine mutter von hinten von einem jugendlichen radfahrer umgefahren und hat sich dabei beim sturz auf den harten strassenboden schwer verletzt.
dies war ein enormer schock für alle beteiligten und meine mutter konnte vor schmerz nur noch schreien. zum glück konnte ein nahendes ambulanzfahrzeug meine mutter erstversorgen und in die klinik sonnenhof bringen.
ich wurde von meiner schwester über diesen unfall informiert und habe sofort alles liegen gelassen und bin zu meiner mutter gefahren, um sie mindestens mental zu unterstützen.
meine mutter war sehr schwach und die verschiedenen untersuchungen in einem sehr kleinen und fensterlosen raum der notfallstation dauerte mehrere stunden – für mich, der dem typischen spitalgeruch überall ausweicht, wo es möglich ist – eine wahre herausforderung.
schlussendlich wurde sie mit der diagnose einer gebrochenen linken schulter und gebrochener linker oberschenkelhals wegen ihrem schwachen zustand in einen intensiv überwachungsraum gebracht.
am nächsten tag ging es ihr besser und die ärzte haben entschieden, den oberschenkelhalsbruch mittels eines künstlichen implantat zu reparieren und die schulter wegen des glatten bruchs still zu legen und ausheilen zu lassen.
so wurde meine mutter ein paar tage später erfolgreich operiert und konnte auch mit liebevollen pflege wie auch unserer unterstützung ganz langsam wieder lebensmut und kraft schöpfen.
ein paar tage später hiess es von der spitalleitung, dass sie kein akutpatient mehr sei und deshalb zur reha(!?) ins siloah verlegt werden müsse.
alleine schon der transport mit dem ambulanzfahrzeug war für meine mutter eine grosse herausforderung.
wir wollten sie noch am gleich tag am neuen standort besuchen gehen, aber als wir dort angekommen waren, fanden wir in ihrem zimmer nur das leere bett vor.
mir hat ganz kurz der atem gestockt und mein herz ist gerast, weil ich nicht wusste, was los war…doch ein freundlicher pfleger führte uns zu einem junge arzt, der uns erklärte, dass bei meiner mutter bei der eintrittsuntersuchung festgestellt wurde, dass sie zu schwach für eine reha sei und sie nun in das lindenhofspital verlegt worden sei.
also sind wir dorthin gefahren und konnten unsere mutter im 5. stock in einem vierbettzimmer vorfinden, wo sie sehr müde und schwach in ihrem bett am schlafen war.
dort konnten wir sie mehrere tage besuchen und ganz langsam hatte ich den eindruck, dass es ihr etwas besser ging. allerdings hat sie in dieser zeit noch sehr wenig gegessen und das problem, dass teile des essens hochgekommen sind und immer wieder schleim und ausspucken musste – deshalb wurde sie eingehend untersucht und schlussendlich wurde ein bösartiger krebs im unteren bereich der speiseröhre als ursache erkannt. das war für uns alle eine weitere schockdiagnose, die meiner mutter den lebensmut zu rauben schien.
es blieb uns nicht viel anderes übrig, als aus dieser situation das beste zu machen und unsere mutter so oft wie möglich zu besuchen und ihr unsere zeit und liebe zu schenken.
das alles war für meinen vater ein schwierige situation, nicht nur, weil bereits 72 jahre (!!!) mit meiner mutter zusammen gelebt hat, sondern, weil er seit diesem unfall nun ganz alleine zuhause war und selber für den haushalt (einkaufen, kochen, waschen, putzen etc) verantwortlich war. wir kinder versuchen ihn dabei einfach so gut wie möglich zu unterstützen.
im spital hatten wir immer wieder gespräche mit ärzten zum zustand meiner mutter und haben dabei erfahren, dass eine heilung ihrer neuen diagnose nicht realistisch sei. so haben wir uns alle zusammen für eine pallitaive weiterbehandlung entschieden, damit meiner mutter von nun an die vielen untersuchungen und medikamente erspart blieben und quasi nur noch bei auftretenden problemen, meidzinisch eingregriffen wurde.
Und kurz danach haben wir erfahren, dass meine mutter so keine akutfall mehr sei und die kostengutschrift für diese spitalbehandlung am auslaufen sei, resp. meine mutter nun endlich zu reha in das siloah verlegt werden müsse – obwohl alle beteiligten gesehen haben, dass meine mutter eigentlich nur noch im bett gelegen ist und schon beträchtlich an körpergewicht verloren hatte…ganz zu schweigen von dem rückgang ihrer muskulatur.
zum glück hat meine mutter zu keinem zeitpunkt bis heute schmerzen gehabt und wurde so nicht noch zusätzlich belastet.
kurz darauf wurde sie wie geplant ins siloah transferiert und konnte dort im dritten stock in der geriatrie in ein schönes zweierzimmer zu einer sehr freundlichen zimmernachbarin stossen und erhielt sogleich ein spezielles luftbett, um ihr das lange liegen etwas angenehmer zu machen.
von nun an hat sie sich fast ausschliesslich nur noch von reichhaltigen gemüsesuppen, feiner dessercremes und viel ramseier apfelsaft ernährt. es war für uns gut zu beobachten, dass sie so nicht mehr zu kräften kommen konnte…
nach einer woche wurden wir von den ärzten zu einer sitzung einberufen und uns wurde erklärt, dass meine mutter nun auch noch innere blutungen hat, welche ihren körper zusätzlich schwächten.
auch diese neue diagnose hat uns alle betrofffen gemacht und unsere täglichen besuche mit schönen gesprächen und vielen liebevollen berührungen konnten nicht verhindern, dass meine mutter einfach schwächer wurde. es gab tage, da konnten wir noch zusammen sprechen und uns austauschen und es gab tage, da ging es ihr sehr schlecht und sie hatte fast keine kraft zum wachbleiben.
wir alle wünschten uns in dieser situation, dass meine mutter, die ihr leben lang immer sehr gerne draussen in der natur war, nicht mehr lange in diesem bett ausharren müsse…
zu all diesem leid sind im spital wieder diskussionen aufgekommen, dass die kostengutschrift für die behandlung nur noch bis am 23.12.25 laufe und dann eine andere lösung für meine mutter gefunden werden müsse…für uns absolut unverständlich, wie in einer solchen situation, wo ein geliebter mensch seine letzten tage und stunden in würde verbringen möchte…
in den letzten tagen ist meine mutter so schwach geworden, dass sie nur ab und zu noch ein auge ein wenig öffnen kann, und auch ihre stimme so schwach geworden ist, das sie trotz sehr klarem verstand fast nichts mehr sagen kann und zudem auch seit 2 tagen nichts mehr essen und trinken kann und will…
für uns angehörigen sind die letzten sechs wochen sehr herausfordernd gewesen und ich lebe mental im ausnahmezustand, da alle meine gedanken nur noch meiner geliebten mutter gewidmet sind: sei das mitten in der nacht, wenn ich nicht mehr schlafen kann, oder am morgen wenn ich erwache und auch am abend wenn ich versuche einzuschlafen.
jeden tag wenn ich sie besuche und sie mich noch erkennt, springt mein herz vor freude und jedesmal wenn ich mich von ihr nach stundenlangem besuch im spital verabschiede und nicht weiss, ob dies unser letzter irdischer kontakt gewesen ist..
ich lebe aktuell im tal der tränen und emotionen und auch meine kräfte und hoffnungen schwinden und ich wage nicht, daran zu denken, wie diese vorweihnachtsgeschichte noch enden wird…
aber eines habe ich in dieser zeit zu begreifen gelernt: noch nie habe ich so intensiv im hier und jetzt gelebt und verstanden das nächstenliebe unsere stärkste zwischenmenschliche energie ist – nicht zuletzt dank der wertvollen unterstützung meiner lieben partnerin.
ganz herzlich möchte ich mich bei dem ganzen pflegepersonal und den ärztinnen bedanken, die wirklich immer mit sehr viel empathie uns alle unterstützen sowie auch unseren engsten freunde und verwandten, welche meine liebe mutter auch immer wieder besucht haben.
ich wünsche euch allen heute einen wunderbaren vierten advent und herzliche grüsse
Andre